Keller trifft Küche
Was passiert wohl wenn zwei Meister ihres Fachs, die außerdem denselben Namen tragen, aufeinander treffen? Volker Aldinger, Patron des Restaurants „Weinstube Germania“ in Fellbach, trifft auf Gert Aldinger, den Inhaber des gleichnamigen Weingutes in Fellbach.
Das Restaurant von Volker Aldinger ist nur einen Steinwurf vom Weingut Aldinger entfernt. Und das ist kein Zufall. Die beiden sind verwandt und die Familien leben schon seit Generationen in direkter Nachbarschaft. Die Aldinger Großväter waren Brüder. Die Weinstube Germania ist der perfekte Ort für dieses Treffen. Hinter einer schmucken Fassade verbirgt sich ein gemütlicher Gastraum, der zum Verweilen und Genießen einlädt. Aus der vergangenen Zeit zeugt nur noch der Gewölbekeller für bis zu 28 Gäste. Das perfekte Ambiente für geschlossene Gesellschaften und Feiern jeder Art. Ich werde mit herzlicher Freundlichkeit empfangen und der schön gedeckte Tisch lässt schon viel ahnen.
Volker Aldinger führt zusammen mit seiner Frau Susanne das Restaurant „Weinstube Germania“ in der dritten Generation. Angefangen hat alles mit einer Besenwirtschaft in der Zeit, als die Familie von Volker Aldinger noch Weinbau betrieb. Die dann folgende Generation konzentrierte sich nur noch auf die Gastronomie. Gelernt hat Volker Aldinger sein Handwerk in der Schwabenlandhalle in Fellbach, in den Remsstuben in Waiblingen und in der Ulrichshöhe in Nürtingen-Hardt, um anschließend mit Meisterbrief das elterliche Lokal zu übernehmen. Auf die Frage nach seinem Erfolgsgeheimnis kommt eine spontane Antwort: Er konzentriert sich auf sein Kerngeschäft. Er und seine Frau, die für den Service zuständig ist, sind immer im Restaurant präsent. Nur dadurch können sie Qualität und Leistung dauerhaft auf hohem Niveau halten. Küche und Einkauf sind für Volker Aldinger Chefsache, die Rohstoffe sind Grundlage für Top-Küchenergebnisse.
Nun liegt es natürlich auf der Hand auch Gert Aldinger zu fragen, was er an Volker Aldinger besonders schätzt. Gert Aldinger: „In der Germania kann alles blind gegessen werden. Da gibt es Verlässlichkeit in Qualität und Geschmack und einen Wohlfühlcharakter von A–Z.“ Die kulinarische Meßlatte für die Küche sei für ihn jedoch immer der Kartoffelsalat. Und da bekommt die Weinstube Germania die Höchstnote!
Nun interessieren mich natürlich auch die Erfolgsfaktoren von Gert Aldinger: Eigentlich wollte er Architekt oder Koch werden. Als Kind wurde schon von klein auf im Weinberg gearbeitet und Gert Aldinger entdeckte hier die Liebe zur Natur. Sein Vater hat ihn schon früh in die Verantwortung genommen und er musste eigene Entscheidungen treffen. Seine innere Antriebsfeder war jedoch immer Anerkennung.
Württemberger Weine wurden von allen Journalisten nieder geschrieben und daran wollte er etwas ändern. Gert Aldinger: „Das hat an meiner Ehre gekratzt“. Ursprünglich war das Weingut Aldinger, wie alle anderen auch, ein Trollinger- und Riesling-Weingut. Der Grund für den übermäßigen Trollinger- und Rieslinganbau in der Region liegt viele Generationen zurück. In der Zeit der Zehnt-Abgabe waren Trollinger und Riesling unkomplizierte Reben mit hohen Erträgen. Daraus konnte leichter der Zehnt abgeführt werden. Die Veränderung beim Weingut Aldinger kam erst in den 80er Jahren. Gert Aldinger experimentierte mit Merlot, Cabernet Sauvignon und Sauvignon blanc. Heute werden mit 14 Rebsorten fast alle Bereiche abgedeckt, was für Württemberg eine Besonderheit ist. Andere Anbaugebiete haben ein schmäleres Sortiment. Die aktuelle Herausforderung ist die Klimaverschiebung: Welche Rebsorten wachsen heute und welche in Zukunft am Besten. Und natürlich ganz wichtig: Welche Rebsorten fordert der Kunde.
Gert Aldinger
Rehrücken, zubereitet von Volker Aldinger.
Aber nun zum Essen. Volker Aldinger kocht einen Rehrücken mit Wacholderrahmsoße, Selleriepüree, Rosenkohl, Serviettenknödel und Preiselbeerbirne.
Gert Aldinger öffnet zwei Weine. Einen Lemberger 3 Stern in der Magnumflasche, gewonnen aus jungen Reben an der Burg Lichtenburg. Der Wein wird von dunklen Beerenaromen und Eukalyptus bestimmt. Der zweite Wein ist ein Untertürkheimer Gips Spätburgunder. Die Aromen sind rote Johannisbeeren, Preiselbeeren und Veilchen. Beide Weine wurden im Barrique ausgebaut.
Für beide Aldingers spielt der Wein zum oder im Essen eine große Rolle für die Aromen. Als Faustregel sagen beide, ein fruchtiger, weicher Wein passt besser zu einem Essen mit weichen Aromen. Und dabei ist völlig egal, ob es sich um ein einfaches oder komplexes Essen handelt.
Gert und Volker Aldinger sehen Essen als Kommunikation. Auch bei der Frage nach ihren Lieblingsgerichten sind sich beide fast einig, sie bevorzugen eine Küche, die nicht mit Reizen überflutet ist.
Gert Aldinger: Kalbsbries mit Kartoffelsalat und Holzbackofenbrot. Bei der Weinauswahl kommt Weltoffenheit durch. Seine Lieblingsweine sind: Lemberger, Cabernet Sauvignon, Merlot, Sauvignon blanc, Riesling, Weißburgunder und grüner Veltliner.
Volker Aldinger: Paniertes Kalbskotlett mit Kartoffelsalat und dazu einen Sauvignon blanc.
Das Erfolgsgeheimnis beider Aldingers ist zweifelsohne der Hang zu traditionellen Produkten. Diese dürfen gerne neu interpretiert sein. Beide sind für neue und spannende Themen immer offen. An dem Nachmittag habe ich jedoch einen Satz gehört, der für mich der eigentliche Erfolgsfaktor ist: „Die Familie ist der Betrieb und der Betrieb ist die Familie.“