Der Geschichte auf der Spur

Lange Zeit haben wir uns in unseren Reiseberichten mit der Genusslandschaft Schwäbische Alb befasst und durften dabei nicht nur die schmackhaften Kreationen unserer Meisterköche genießen, sondern konnten uns auch von der Schönheit der Re-gion überzeugen. Nun geht es für uns weiter ins Remstal. Um genau zu sein, ins Obere Remstal. Die Landschaft ist so vielfältig wie kaum in einem anderen Tal in Deutschland: Felder, Streuobstwiesen, Weinberge, Wälder und natürlich die Rems. Die geschichts- und kulturträchtigen Städte und Orte entlang des Flusses sind eine zusätzliche Bereicherung, auf die wir uns bereits vor unserem Ausflug sehr gefreut haben.
Als Ausgangspunkt für unsere kleine Reise haben wir SCHWÄBISCH GMÜND gewählt. Die Umgebung ist eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Da liegt es natürlich nicht fern, dass wir zunächst einmal mit einer Wanderung starten. Bei der großen Auswahl an Möglichkeiten fällt es uns schwer, uns für eine Route zu entscheiden. Nach kurzer Überlegung entschließen wir uns den 5 Kilometer langen LIMES-RUNDWANDERWEG IM ROTENBACHTAL zu gehen. Geschichtsinteressierte wie wir kommen hier voll auf ihre Kosten. Der Weg führt vom Wanderparkplatz durch das Rotenbachtal bis hin zu der Stelle, wo der Limes auf die Grenze der römischen Provinzen Obergermanien und Rätien trifft. Wir bekommen somit die Gelegenheit, beide Formen des römischen Grenzsystems an einem Ort zu sehen und sind erstaunt, was vor Hunderten von Jahren geleistet wurde. Entlang der rätischen Mauer wandern wir weiter und genießen die schöne Natur, die wunderbare Aussicht über das Remstal und das Gelände des Kohortenkastells am Schirenhof. Wer möchte, kann in zusätzlichen 1,5 Kilometern die Grundmauern des Kastellbades erwandern, wir folgen der ursprünglichen Route. Entlang des gesamten Rundwegs lässt sich neben den militärischen Anlagen selbst auch das römische Alltagsleben nachvollziehen. Dank der vor einigen Jahren aufgestellten Tafeln erhalten wir ganz nebenbei wissenswerte Informationen bis wir schlussendlich wieder auf dem Parkplatz ankommen. Da wir durch den doch sehr ausgedehnten Spaziergang vom Hunger gepackt wurden, zieht es uns anschließend erst einmal ins idyllische Örtchen ZIMMERN.
Der sehr ländlich geprägte Ortsteil von Hussenhofen, einem Stadtteil von Schwäbisch Gmünd, liegt an der Einmündung des Krümmlingsbachs in die Rems. Dort besuchen wir das GASTHAUS KRONE ZIMMERN. Dieses befindet sich seit nunmehr 150 Jahren in Familienbesitz und wird momentan in der vierten Generation von Alexandra Schmidt betrieben. Schwäbische Küche – klassisch und bodenständig – steht hier auf der Speisekarte. Der Meisterköchin ist es sehr wichtig, dabei möglichst Produkte aus der Region zu verarbeiten. Suppen, Saucen, Maultaschen und Spätzle werden, wie auch das Schwarzbrot und die Brat- und Bauernwürste, selbst hergestellt. Dabei bietet das Gasthaus für jede Gelegenheit das passende Ambiente: am prasseln-den Feuer des offenen Kamins in der Wirtschaft oder luftig hell im Pavillon. Neben Jubiläen und Hochzeitsfeiern kön-nen die Räumlichkeiten auch für Tagungen und Sitzungen genutzt werden.
Nach einer kurzen Stärkung geht es weiter ins Zentrum von Schwäbisch Gmünd. Als wir dort ankommen, merken wir schnell, dass hier eine ganz eigene Atmosphäre herrscht: Die größte Stadt im Remstal ist von einer besonderen Kirchen- und Geistesgeschichte geprägt. Die vielen Kirchen, Klöster und historischen Gebäude aus acht Jahrhunderten laden auf eine spannende Reise durch die ganze Bandbreite der Geschichte Mitteleuropas ein. Unsere Besichtigungstour starten wir im SILBERWARENMUSEUM OTT-PAUSER. Früher arbeiteten hier Goldschmiede, Graveure, Ziseleure und Poliererinnen, die Schmuck und Silberwaren wie Tabaks- dosen, Kerzenständer, Feuerzeuge und Essbesteck herstellten.
Heute gilt das Museum als einmaliges Zeugnis der Industrialisierungs-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte. In den Regalen entdecken wir Hunderte von Stahlgesenken und an den Wänden den alten Staub der Schleifarbeiten. Für Kinder bietet das Museum etwas ganz Besonderes: In kleinen Workshops können sie ihrer Experimentierfreude nachgehen und ihr eigenes Schmuckstück unter fachkundiger Anleitung selbst herstellen. Nachdem wir unzählige Silberwaren bestaunt haben, führt uns unser Weg vorbei an vielen Plätzen und kleinen Gässchen, in denen Fachgeschäfte und Boutiquen zum Stöbern einladen. Bis hin zum Münsterplatz, der neben dem Marktplatz zu den schönsten Plätzen Süddeutschlands zählt, können wir überall den Einfluss der Staufer entdecken.
Als wichtiger Verwaltungsmittelpunkt der Stauferherrschaft erlebte Schwäbisch Gmünd um die Mitte des 12. Jahrhunderts seine erste Blütezeit mit wirtschaftlichem Aufschwung, vielseitiger Bautätigkeit und einem schnellen Wachstum der Be-völkerung, weit über den inneren Mauerring hinaus. Natürlich steht auch der Besuch des HEILIG-KREUZ-MÜNSTERSauf unserer Agenda. Es ist eine der größten und gleichzei-tig ältesten süddeutschen Hallenkirchen aus der Zeit der Gotik und es wurde zwischen 1315 und 1521 an der Stelle der romanischen Vorgängerkirche erbaut. Nach unserem Rundgang durch das Kirchschiff gönnen wir uns eine kurze Pause im RESTAURANT FUGGEREI, um die neugewonnenen Eindrücke sacken zu lassen.
Der adlige Anton Graf Fugger zu Kirchberg Weißenhorn ließ sich im Jahre 1601 hier nieder und wurde so zum Namensgeber. Das Gebäude ist das älteste historische Steinhaus in Schwäbisch Gmünd und sorgt dank der romanischen Mauerreste für eine überaus angenehme Atmosphäre. Über die Jahrhunderte wurde das Haus am Münsterplatz für die unterschiedlichsten Zwecke genutzt. Im Jahr 1980 eröffnete erstmals ein Restaurant in der Fuggerei. Meisterkoch Marcus Krietsch betreibt dieses nun seit fünf Jahren mit einer international-schwäbischen Küche. Getreu seinem Motto „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist“ erwarten die Gäste hier immer wieder neue Kreationen, beispielsweise eine Kürbiscremesuppe mit Curry und Vanille oder ein Kalbsfilet unter Lebkuchenkruste. Nicht umsonst findet das Koch-Shooting mit Foodbloggerin Kerstin Getto mit dem Thema „Kabeljau & Jakobsmuschel“ bei Marcus Krietsch statt.
Von Schwäbisch Gmünd fahren wir weiter Richtung Schorndorf. Auf dem Weg machen wir noch einen kleinen Abstecher nach WALDSTETTEN. Dort erwartet uns inmitten der Drei-Kaiser-Berge, umringt von unglaublich viel Natur, ein weiteres kulinarisches Highlight: das RESTAURANT SONNENHOF. Das Haus wird als Familienbetrieb bereits in der dritten Generation von Helmut und Rita Hilse geführt. Auch wenn das Restaurant erst 1967 gegründet wurde und somit noch gar nicht so alt ist, spielten die Vorfahren der Familie Hilse in der Geschichte der Wirte in Schwäbisch Gmünd und Umgebung immer schon eine wichtige Rolle. Daher sind die Hilses im Küchen- und Metzgerhandwerk fest verankert – und das schmecken wir. Außerdem belegen unzählige Urkunden und Medaillen, die Helmut Hilse in seinen Jahren in der Nationalmannschaft der Köche auf internationalen Wettbewerben gewonnen hat, seine außerordentliche Kochkunst. Wer hier vorbeikommt, kann sich auf saisonale Produkte regionaler Zulieferer oder Erzeuger freuen. Der Meisterkoch kreiert daraus nicht nur typisch schwäbische Speisen wie ein Festtags-Süpple, sondern auch Gerichte mit internationalem Einfluss.
Bevor es für uns nun wirklich nach Schorndorf geht, entschließen wir uns noch, das sagenumwobene KLOSTER LORCH zu besuchen. Schon von Weitem fällt unser Blick darauf, denn es thront mitten im Grünen hoch über der Stadt auf einem Bergvorsprung. Erbaut wurde es im Jahr 1102 von Friedrich I., dem ersten Staufer auf schwäbischem Herzogsthron. Auch wenn die Blütezeit des Klosters lange zurückliegt, können wir die Anlage mit Kirche, Klausur, Wirtschaftsgebäuden und Klostergarten, umgeben von einer noch vollständig erhaltenen Ringmauer, besichtigen. Heute befin-den sich hier ein Altenpflegeheim und ein Diakonisches Institut für soziale Berufe. Wir sind beeindruckt von den mit Wandbildern der bedeutendsten staufischen Herrscher geschmückten Wandpfeilern in der Kirche. Auch die im Mittelschiff stehende Staufer-Tumba erinnert an die Gründer. Der spätgotische Sarkophag, den ein Bildhauer aus Göppingen geschafften hat, enthält die prominenten Toten der Klosterkirche. Das eigentliche Wahrzeichen des Klosters ist der von 1879 bis 1883 wieder vollständig aufgemauerte Marsiliusturm. Von hier aus bietet sich uns ein herrlicher Ausblick auf die Anlage und die gesamte Umgebung.
Wer etwas mehr Zeit mitbringt als wir, sollte unbedingt auch die auf dem Klostergelände beheimatete Falk-nerei besuchen. In der Tradition des Stauferkaisers Friedrich II. wird hier auf das Training und die Vorführung von Jagdfalken, Adlern und anderen Greifvögeln großer Wert gelegt. Vogelinteressierte können die Tiere hier in Aktion erleben und Erstaunliches dabei lernen.
In SCHORNDORF angekommen besuchen wir zunächst die Miedels- bacher Aussichtsplattform am Rand der Stadt, um uns einen Überblick zu ver-schaffen. Von der Panoramaterrasse am ehemaligen „Trafohäusle“ hat man einen großartigen Blick über das Wieslauftal. Aber auch die wunderschöne historische Altstadt Schorndorfs zeigt sich uns bereits. Bevor wir uns jedoch auf Erkundungstour begeben, treibt uns der Hunger nach OBERBERKEN. Dort erwarten uns Anke und Dieter Schurr, die das GASTHAUS HIRSCH bereits in vierter Generation führen. Seit dem Jahr 1843 befindet sich das schwäbische Gasthaus im Familienbesitz. Während Dieter Schurr bereits von klein auf mit dem Restaurant verbunden war, schulte seine Frau Anke, eine ehemalige Flo-ristin, der Liebe wegen zur Restaurant-Fachgehilfin um und leitet heute den Service. Die Küche ist gewohnt schwäbisch und gutbürgerlich ausgerichtet. Besondere Spezialitäten sind das saisonal angebotene Wild aus der Region. Darüber hinaus gibt es frische Forellen, eine Hausmacherwurst, selbst gebackenes Brot und hausgemachte Maultaschen. Dieter Schurr hat auch immer wieder neue Ideen, um seinen Gästen die gewohnten Speisen in neuen Varianten anzubieten.
Voller Vorfreude machen wir uns nach dem Essen auf in die Stadt. Dort empfangen uns die idyllischen Fachwerkhäuser, aufgrund derer Schorndorf heute unter Denkmalschutz steht. Angekommen im Stadtzentrum sticht uns der MARKTBRUNNEN direkt ins Auge. An den Seiten sind die Wappen des Landesherrn Carl Herzog zu Württemberg, der Stadt Schorndorf sowie der Stadtobrigkeit angebracht: Oberamtmann, vier Bürgermeister und Stadtschreiber wurden hier verewigt. Aber auch die unzähligen historischen Gebäude lohnen einen weiteren Blick, so zum Beispiel das ACKERBÜRGERHAUS. Das für Schorndorf typische Haus wurde wohl um 1660 erbaut und von Bürgern bewohnt, die ganz oder nebenerwerbsmäßig von der Landwirtschaft lebten. Der gut erhaltene Gewölbekeller gibt Aufschluss über die Bedeutung der privaten Vorratshaltung in jener Zeit. Aber auch das Burgschloss zählt zu den besonderen historischen Gebäuden. Her-zog Ulrich ließ dieses 1538 vermutlich anstelle einer Wasser- burg erbauen. Es war Eckpfeiler der mit großem Aufwand er-richteten Festung und hat alle Stürme – auch den Stadtbrand 1634 – überdauert. Sehenswert sind die Inschriften und Wap-pen an den Türmen sowie das Wappen und die Pechnase über dem Hauptportal. Heute beherbergt es das Amtsgericht.
Bevor wir uns dem Ende unserer kulinarischen Reise nähern, begeben wir uns auf die Fährte von GOTTLIEB DAIMLER. Wir entdecken sein Geburtshaus, das zum MUSEUM umgebaut wurde. Dort streifen wir durch die Schul- und Lehrzeit des Tüftlers, erfahren mehr über seine Vision, die Meilensteine der Mobilität und ihre Pioniere, zu denen neben Gottlieb Daimler auch Carl Benz zählt. Danach fahren wir nach SCHORN-BACH, einem kleinen Stadtteil von Schorndorf. Hier entdecken wir sofort das Gasthaus in der Ortsmitte. Alteingesessene erzählen uns, dass sich der Teilort in all den Jahren stark verändert hat, nicht aber das GASTHAUS ZUM LAMM, das damals wie heute das Dorferscheinungsbild prägt. Seit 1905 gehört es zum Erscheinungsbild Schornbachs und prägt das Leben der Dorf bewohner somit schon seit fast 115 Jahren. Aber auch über die Ortschaft hinaus ist das liebenswerte Lokal mit der herzli-chen Atmosphäre bekannt. Im Jahr 1983 übernahmen Kurt und Ursula Wahl in der dritten Generation das Restaurant. Nun ist Sohn Peter bereits seit vier Jahren der Chef. Besonders wenn es um traditionelle Gerichte geht, macht ihm keiner etwas vor: Ob zünftiger Zwiebelrostbraten, Linsen und Spätzle oder Maultaschen, das Lamm steht für Spezialitäten aus der gutbürgerlichen und schwäbischen Küche. Obwohl die Küche sein Reich ist, sehen wir Peter auch immer wieder im direkten Kontakt zu seinen Gästen.
Gut gesättigt und voller neuer Eindrücke machen wir uns auf den Heimweg. Dabei sind wir uns einig: Wir kom-men wieder. Die pure Gastfreundschaft und das kulina-rische Angebot wie auch die spannende Geschichte und die abwechslungsreiche Natur des Oberen Remstals haben uns ungemein beeindruckt.
Unsere Meisterbetriebe auf dieser Reise
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GASTHAUS KRONE ZIMMERN
Böbinger Straße 3 | 73527 Schwäbisch Gmünd-Zimmern
Tel. 07171 82515 | info@krone-zimmern.de
krone-zimmern.de -
RESTAURANT FUGGEREI
Münstergasse 2 | 73525 Schwäbisch Gmünd
Tel. 07171 30003 | info@restaurant-fuggerei.de
restaurant-fuggerei.de -
RESTAURANT SONNENHOF
Lauchgasse 19 | 73550 Waldstetten
Tel. 07171 947770 | kontakt@sonnenhof.de
sonnenhof.de -
GASTHAUS HIRSCH
Wangener Straße 38 | 73614 Schorndorf-Oberberken
Tel. 07181 3037 | info@hirsch-oberberken.de
hirsch-oberberken.de -
GASTHAUS ZUM LAMM
Talauenstraße 2 | 73614 Schorndorf-Schornbach
Tel. 07181 76764 | kontakt@lamm-schornbach.de
lamm-schornbach.de
Wertvolle Reisetipps
SILBERWARENMUSEUM OTT-PAUSERSCHE FABRIK schwaebisch-gmuend.de/silberwarenmuseum-ott-pausersche-fabrik |
LIMES RUNDWANDERWEG
limesstrasse.de |
HEILIG-KREUZ-MÜNSTER muensterbauverein.org/Heilig-Kreuz-Muenster |
KLOSTER LORCH
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STAUFERFALKNEREI LORCH
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GOTTLIEB DAIMLER MUSEUM
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SCHORNDORF
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SCHWÄBISCH GMÜND
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Bildnachweis:
Kloster Lorch: Holger Uwe Schmitt/wikimedia
Stadt Schorndorf
Nahtstelle Limes & Römischer Wegweiser: Vexillum/wikimedia
Silberwarenmuseum Ott-Pauser: Gmünder/wikimedia; Blick ins obere Stockwerk: Martin Christ/wikimedia;
Heilig-Kreuz-Münster, Kreuzrippe & Schutzmantelmadonna: Moleskine/wikimedia
Kloster Lorch Innenraum: Moleskine/wikimedia;
Marktbrunnen und Daimler Geburtshaus: Stadt Schorndorf