Genießen wie ein König

Der Albaufstieg ist und bleibt ein wenig durchlässiges Nadelöhr für alle, die mit dem Auto und der Bahn unterwegs sind. Aber warum immer auf der Autobahn verharren? Die Landschaft links und rechts der A8 verheißt Gutes und Interessantes zugleich. Deshalb wollen wir den Landstrich in diesem Heft näher unter die Lupe nehmen. Vor allem kulinarisch soll uns Großartiges erwarten. Wir verlassen deshalb schon hinter Göppingen die Autobahn, genießen die Landschaft der Schwäbischen Alb und nähern uns zielsicher dem Örtchen Lauterstein. Historische Gebäude und Sehenswürdigkeiten, Wander- und Radwege laden dazu ein, die idyllische Gegend besser kennenzulernen. Bei günstigen Schneeverhältnissen kann man sich auf kilometerlangen gespurten Loipen austoben.
Umgeben von Wiesen und Wäldern liegt hier auch unser erstes kulinarisches Ziel, der familiär geführte Landgasthof auf dem Heldenberg mit unverbautem Blick auf das Naturschutzgebiet Christental, eine selten gewordene Oase im Grünen. Das Christental wird von den Bergen Heldenberg und Kaltes Feld eingerahmt. Auf beiden Bergen wurden große Naturschutzgebiete ausgewiesen, die teilweise bis ins Christental selbst hinabreichen. Die Naturschutzgebiete umfassen unter anderem auch die für die Alb so typischen Wacholderheiden. Wandern kann man hier zu jeder Jahreszeit, gerade auch im Winter. Kommt man dann etwas durchgefroren zurück in den schönen Landgasthof Heldenberg, steht Küchenmeister und Metzger Gerhard Wahl bereits parat. Bekannt ist er vor allem für seine Wildgerichte aus eigener Jagd, seine Berufung und Passion, der er am liebsten gemeinsam mit Sohn Max, ebenfalls Koch, nachgeht. Man könnte sagen: Hier wird das Wild von kochenden Jägern bzw. von jagenden Köchen zubereitet. Geschmacksverstärker und Zusatzstoffe brauchen die beiden nicht. Der natürliche Geschmack wird von wilden Kräutern, Wildobst, jungen Trieben von Nadelbäumen oder Honig unterstützt. Das macht dieses kulinarische Ziel besonders reizvoll und spannend.
Von dort führt uns der Weg über Donzdorf nach Süßen. Aus den ursprünglich selbstständigen Gemeinden Groß- und Kleinsüßen ist bereits 1933 die Gemeinde Süßen entstanden, die aufgrund ihrer Lage an der großen Fernstraße durch das Filstal historisch unter so mancher Auseinandersetzung zu leiden hatte. Der Stadtkern ist historisch und zugleich Teil einer ganz anderen Kultur des Landes. Denn Süßen ist auch eine Station auf der Route der Industriekultur, ein Projekt, das von der Verband Region Stuttgart und 16 Gemeinden des Filstals gestartet wurde. Als Radroute verbindet sie wichtige und interessante Orte der Industriekultur im Filstal und die damit verbundene spannende Industriegeschichte. An Ankerpunkten wird dieses Thema sicht- und erlebbar. Kulinarisch kommt man gerade auch in Süßen auf seine Kosten. So bietet zum Beispiel Küchenmeister Werner Bühler in seinem gemütlichen Gasthaus zum Hirsch eine schwäbische Küche, die wahre Freude macht. Ganz gleich, ob auf Reisen oder gepflegt im Familienkreis, wer etwas Gutes speisen oder vespern will, ist hier bestens aufgehoben. Man bekommt nicht nur einen genialen Zwiebelrostbraten – ein Muss, wenn man im Schwäbischen unterwegs ist – sondern auch einen schwäbischen Sauerbraten und für alle, die Innereien mögen, Saure Nierle oder Kutteln.
Eine Speisekarte mit heimischen und internationalen Spezialitäten zeichnet das Hotel-Restaurant Löwen in Süßen aus. Küchenmeister Ulli Kellenbenz legt ein besonderes Augenmerk auf Frische und Qualität der saisonalen und regionalen Produkte. Höchster Genuss ohne Geschmacksverstärker ist seine Devise. Alles Regionale ist deshalb auch speziell gekennzeichnet, nicht zuletzt, weil Ulli Kellenbenz sich ganz und gar den Projekten „Schmeck den Süden“ und „Regional Genießen“ verschrieben hat. Genießen kann man die Regionalität im frisch renovierten Restaurant oder im rustikalen Gewölbe, das zudem jede Menge schwäbische Gemütlichkeit ausstrahlt. Auch Übernachtungsgäste sind willkommen. Der Löwen liegt verkehrsgünstig an der Bundesstraße 10 und verfügt dennoch über ein ruhiges, abseits gelegenes Gästehaus auf 3-Sterne-Niveau.
Einen Steinwurf von Süßen entfernt geht es nach Salach, das landschaftlich ebenso reizvoll im Herzen des Filstals liegt und ein absolutes Muss für Feinschmecker ist. Küchenmeister Rolf Straubinger, der zu den besten Köchen der Republik gehört, kocht im Restaurant Staufeneck seit 1991 souverän einen Michelin-Stern. Der Weg hinauf nach Staufeneck lohnt sich allerdings keineswegs nur aus kulinarischer Sicht. Das imposante Anwesen ist mehr als zauberhaft und liegt landschaftsprägend hoch über dem Filstal. Ludwig von Staufen errichtete im Jahre 1080 dort seinen Familienwohnsitz, der 250 Jahre im Besitz der Staufer blieb. Leider begann um 1800 die Zeit des Verfalls, bis die Burg im Jahr 1844 nicht mehr bewohnbar war und in weiten Teilen abgebrochen werden musste.
Erst 1926 wird der 27 Meter hohe Burgfried der Ruine wieder zugänglich gemacht. Mutig beginnt Hildegard Wörner 1927 im Westteil der Burgruine mit der Bewirtschaftung. Ihre Tochter Lore und deren Ehemann Erich Straubinger übernehmen 1973 die Gastwirtschaft und erwecken die Burganlage zu neuem Leben. Mit Rolf Straubinger und Klaus Schurr ist heute die nächste Generation in Verantwortung. Nach dem Kauf der gesamten Burganlage im Jahr 2000 konnte dann auch der Hotelbau beginnen. In nur einem Jahr Bauzeit entstand ein Fünf-Sterne-Hotel, welches seitdem beständig zu den besten 40 Hotels in den aktuellen Hotel- und Restaurantlisten Deutschlands zählt. Seine Küchenphilosophie, die von starken Gourmetakzenten geprägt ist, bleibt in allen Zügen jedoch immer auch sehr regional. Rolf Straubinger ist einer der wichtigsten Protagonisten für eine regional geprägte Gourmet-Küche. Dies haben er und sein Küchenchef Markus Waibel auch bei unserem Workshop rund um das Thema Fleisch aus der Region perfekt bewiesen. Wer übrigens selbst an den Herd möchte, kann bei Rolf Straubinger und seinem Team auch geniale Kochkurse buchen.
Von Staufeneck führt unsere Reise in die benachbarte Hohenstaufenstadt Göppingen. Hier sind Stauferhistorie, Kunst, Kultur und Wissenschaft in einer perfekten Symbiose untrennbar verbunden mit Fleiß, Tüftlergeist und Erfindungsreichtum. Mit seiner markanten Kegelform ist der Hohenstaufen das Wahrzeichen der Stadt. Die Stammburg der Staufer, die um 1070 erbaut worden war, wurde im Bauernkrieg 1525 gänzlich vernichtet. Dennoch ist der Hohenstaufen bis heute ein wichtiger Punkt auf der „Straße der Staufer“, nicht zuletzt weil ein Aufenthalt von Kaiser Friedrich I. Barbarossa im Jahr 1181 urkundlich überliefert ist. Außerdem hat man vom Berg einen fantastischen Blick über die gesamte Region. Die Stadt selbst hat ebenfalls viel zu bieten: In Göppingen gibt es mit dem Städtischen Museum im Storchen, dem Naturkundlichen Museum, der Kunsthalle und der Staufer-Ausstellung ein imposantes kulturhistorisches Feuerwerk in. Neben der Kulturund Landschaftsgeschichte ist die Stadt bis heute auch stark von der Industrie geprägt. Deshalb sollte man sich das Märklineum, das Werksmuseum von Märklin, nicht entgehen lassen, das eine lange Tradition hat. Schon um 1900 gab es ein „Turmzimmer“, in dem die schönsten Stücke des namhaften Modelleisenbahnbauers betrachtet werden konnten. Zug um Zug wurde das Märklineum daraus, das noch lange nicht vollendet ist. Märklin plant nämlich den Bau eines neuen Museums mit imposanter Modelleisenbahnanlage und Erlebniswelt für Familien. Eine Märklin Stiftung wurde dafür von der Kreissparkasse Göppingen gegründet. Mit dem Erwerb der Märklin-Sammlung sichert diese Stiftung den Erhalt der wertvollen Exponate des legendären Turmzimmers für Göppingen. Mitte 2019 sollen sie der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden.
Man kann also durchaus mehrere Tage in Göppingen verbringen. Ein guter Tipp für Übernachtungsgäste ist das Hotel Hohenstaufen. Von einer Bäckerei hatte es sich einst zur Gaststätte mit Metzelsuppe gemausert. Heute ist es ein Hotel mit Restaurant und vielen Veranstaltungsmöglichkeiten, das seiner schwäbischen Tradition noch immer sehr verbunden ist, schließlich ist es seit 105 Jahren in Familienbesitz. Mit Thomas Heer und seiner Frau Christin bietet die fünfte Generation heute ein komfortables Hotel mit 48 Gästezimmern und kulinarischem, saisonalem Vergnügen. Ideal lässt sich ein Besuch gerade um Weihnachten mit der Göppinger Waldweihnacht verbinden. Vom 29.11.-28.12.2018 wird in diesem Jahr der Marktplatz im Licht des riesigen Weihnachtsbaums erleuchtet. Es duftet nach Glühwein und Punsch. Inmitten von rund 600 Tannenbäumen kann man in den urigen Holzhütten gemütlich essen und trinken.
Eine weitere gute Übernachtungsmöglichkeit in der Region ist Lausers Adler in Aichelberg. Küchenmeister Helmut Lauser bietet seinen Gästen ein herzliches und rustikales Ambiente. Ab 2019 möchte er sich komplett auf das Hotel und die Zimmer konzentrieren Zu seinen Restaurantzeiten galt der Meister Lauser als „Künstler unter den Köchen“. Jetzt im Alter will er Gastgeber bleiben und sich seinen Hotelgästen widmen. Davon hat er bei der idealen Lage nahe der A8 einige und er freut sich über jeden, der ihn besucht.
Allen A8-Reisenden sticht es ins Auge, das Autobahnschild Holzmaden, das auf die Geschichte der Region hinweist, die noch viel älter ist als die der Staufer: die Urweltfunde von Holzmaden. Den Grundstein für das Urweltmuseum legte Bernhard Hauff sen. mit seinen ersten Fossilfunden, die er schon vor der Jahrhundertwende für seine Sammlung präparierte. In den Jahren 1936 bis 1937 entstand aus seiner privaten Sammlung das erste Museum Hauff. Mit dem Neubau des heutigen Museums in den Jahren 1967 bis 1971 und der Erweiterung im Jahr 1993 stehen derzeit 1000 m² Ausstellungsfläche zur Verfügung. Deutschlands größtes privates Naturkundemuseum beherbergt die besterhaltenen und spektakulärsten Funde, die in den letzten 150 Jahren in Holzmaden, Ohmden und Umgebung entdeckt wurden. Das eindrucksvollste Präparat dieser Ausstellung ist die mit über 100 m² weltweit größte Seelilienkolonie. Rolf Bernhard Hauff leitet das Museum bereits in der dritten Generation.
Vom Museum ist es nicht mehr weit zu einem weiteren Meisterkoch: Harald Hartmann. Mit seinen Zähringer Stuben in Weilheim/Teck zählt er zu den engagiertesten Köchen der Meistervereinigung. Auf seiner Karte finden sich viele köstliche schwäbische Spezialitäten ebenso wie international geprägte Gerichte. Harald Hartmann ist ein Freigeist und ein humorvoller Gastgeber. Keiner kommt bei ihm zu kurz. Ein Besuch in den Zähringer Stuben ist der ideale bodenständige Abschluss für eine aufregende Reise in die historische Vergangenheit und die kulinarische Gegenwart des Stauferlands.
Unsere Meisterbetriebe auf dieser Reise
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LANDGASTHOF HELDENBERGAm Heldenberg 1 + 2 | 73111 LautersteinTel. 07332 6661
info@heldenberg.de -
GASTHAUS ZUM HIRSCHJohann-Georg-Fischer-Straße 9 | 73079 SüßenTel. 07162 41660
Gasthaus.Hirsch.Buehler@t-online.de -
HOTEL-RESTAURANT LÖWENHauptstraße 3 | 73079 SüßenTel. 07162 94822-0
info@loewen-hotel.de -
BURGHOTEL UND RESTAURANT STAUFENECKBurg Staufeneck | 73084 SalachTel. 07162 93344-0
info@burg-staufeneck.de -
HOTEL RESTAURANT HOHENSTAUFENFreihofstraße 64-66 | 73033 GöppingenTel. 07161 670-0
info@hotel-hohenstaufen.de -
LAUSERS ADLER – HOTEL & CATERINGZeller Straße 2 | 73101 AichelbergTel. 07164 902829
info@adler-aichelberg.de -
ZÄHRINGER STUBENHelfersbergweg 9 | 73235 Weilheim an der Teck
Wertvolle Reisetipps
ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR
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STADT GÖPPINGEN
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KUNSTHALLE
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MÄRKLINEUM
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BERG HOHENSTAUFEN
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URWELTMUSEUM HAUFF
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Bildnachweis:
Stadt Kirchheim unter Teck
Stadt Göppingen