Film - Lockdown Light - November 2020 - Stellungnahme
Die Meistervereinigung Gastronom Baden-Württemberg e.V. nimmt Stellung zum aktuellen Lockdown light:
Außerdem schreibt unser Präsident folgenden Brief an unseren Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und unsere Landesregierung:
„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
das Jahr 2020 verlangt uns allen sehr viel ab und viele politische Entscheidungen, die getroffen wurden waren sicherlich nicht einfach für Sie und mussten zwischen unterschiedlichen gesundheitspolitischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekten getrennt voneinander beurteilt werden.
Seien Sie versichert, wir als Meistervereinigung und die gesamte Branche der Gastronomie, tragen die politischen Entscheidungen zur Eindämmung der Krise weiterhin zu 100 % mit.
Die wissenschaftliche und gesundheitspolitische Bewertung der Situation und die daraus abgeleiteten Maßnahmen seit dem Frühjahr waren für uns größtenteils nachvollziehbar und plausibel. Wir verstehen die Problematik, nach der die Politik die unterschiedlichen Bedürfnisse der einzelnen Interessengruppen in Einklang mit ihren getroffenen Pandemieverordnungen gebracht hat.
Die gesamte Gastronomie und unsere Betriebe der Meistervereinigung im Besonderen haben deshalb seit dem Frühjahr große Veränderungen und auch ebenso große Anstrengungen unternommen um mit Hygienekonzepten, Schulungen der Mitarbeiter und Unterweisungen unserer Gäste diesem Pandemiegeschehen Rechnung zu tragen. Viele unserer Kollegen haben beträchtliche Summen in baulichen Veränderungen, Anschaffungen in Ausstattung und Hygienematerialien gesteckt und sind so, zusätzlich zu den ausgebliebenen Erträgen finanziell nochmals stark belastet worden. Unser eigener Urlaub fand größtenteils in den eigenen Betrieben statt, weil wir mit noch mehr Herzblut wie schon zuvor die Existenz unseres wirtschaftlichen Überleben, das unserer Familien, Mitarbeiter, Aushilfen, Auszubildenden und nicht zuletzt unserer Zulieferer und Partner sichern wollten.
Die Politik hat uns dabei mit unterschiedlichen Programmen geholfen und, wo es möglich war, den Rücken gestärkt. Dennoch haben viele Inhaber nur aufgrund ihrer eigenen Reserven das wirtschaftliche Überleben unserer Betriebe bisher ermöglichen können. Alles in Allem stand unsere gesamte Branche, trotz kleinerer Unstimmigkeiten, hinter den Entscheidungen unserer Politik, so schwerwiegend diese für unsere Geschäftsfelder auch gewesen sein mochten. Denn auch wir sind der Meinung, dass das Wohl der Bevölkerung über jede wirtschaftliche Not steht und die gesundheitspolitischen Fakten dringend Handlungsbedarf erforderte.
Mit dem nun zum 2.November beschlossenen „Shutdown Light“ für einen Großteil unserer Betriebe haben wir jetzt jedoch ein neues Szenario für unserer Branche. Mit der vom Staat verordneten Schließungen unserer Betriebe leisten wir als Branche wie schon im Frühjahr einen großen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie bei und ermöglichen durch unseren „Stillstand“ dass andere Branchen und Teile des öffentlichen Lebens weiterhin stattfinden können.
Die Tatsachen, dass die erneut exponentiell gestiegenen Fallzahlen ein dringendes Handeln erfordern, sind für uns in der Sache unbestritten und werden auch weiterhin zu 100% mitgetragen.
Dennoch erlauben Sie uns, dass wir die Ausgewogenheit des „Shutdown Light“ dieses Mal in heftigster Form in Frage stellen und in dieser Art nicht nachvollziehen können. Unsere Branche wurde von Institutionen wie dem RKI nachweislich nicht als Pandemietreiber eingestuft, vielmehr sind die privaten Kontakte und Haushalte maßgebliche Gefahrenquellen.
Viele unserer Mitglieder haben die einseitige Stilllegung unserer Branche wieder zum Anlass genommen zu hinterfragen weshalb z.B. ein Baumarkt weiterhin systemrelevant sein soll und andererseits mit Erstaunen festgestellt, dass in der Praxis gerade dort hunderten Besuchern das Einkaufen und somit die Verbreitung des Coronavirus ermöglicht wird. Auch die mutmaßlich größeren Infektionsherde Schule, Kindergarten und öffentlicher Nahverkehr werden sicherlich dazu beitragen, dass sich das Wachstum der Pandemie weiter ansteigen wird.
Schließlich wird der größte Pandemietreiber, das private Zusammentreffen unterschiedlicher Personen, in privaten Räumen, wo bei weitem nicht so hygienischen Bereichen wie in unseren professionellen Gastronomieräumen bestehen, unserer Meinung nach nicht weit genug eingeschränkt.
So besteht aus unserem Eindruck die Gefahr, dass unser Opfer nicht groß genug sein wird um das exponentielle Wachstum des Virus zu stoppen und diese „Shutdown Light“ Maßnahme wirkungslos verpufft.
Wir haben somit die große Sorge, dass der „Lock down“ für unsere Branche deutlich länger andauern kann als für den jetzt verhängte Zeitraum im Monat November.
Wir benötigen gerade für dieses Szenario ab Dezember bis zum Frühjahr schon jetzt einen Plan, wie es für unsere gesamtes berufliches Umfeld im kommenden Winter und darüber hinaus weiter gehen soll.
Wir haben mit unseren Betrieben, Arbeitsplätzen und regionalen Produkten eine starke Verankerung in Baden Württemberg und erwarten von Ihnen und der Politik dass die durch den „Shutdown Light“ jetzt gewonnene Zeit sinnvoll dazu genutzt wird ein ausgewogenes Konzept zu entwerfen, um diese Krise auch für die Gastronomiebetriebe meistern zu können
Wir bedanken uns für die Ausfall- Zusagen, weisen aber jetzt schon darauf hin, dass nach dem „Shutdown Light“ im November die Situation in der Branche weiter schwierig bleiben wird. Wir gehen davon aus, dass wir dann in ähnlicher Form auf die Unterstützung der Politik zählen können.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
ich hoffe Ihnen mit diesen Zeilen unser Unverständnis über die Ausgestaltung des „Shutdown Light“ in aller Kürze dargestellt haben zu können. Bei aller Problematik für das „große Ganze“ setze ich sehr darauf, dass Sie auch die Belange der Gastronomiebranche mit den notwendigen Maßnahmen unterstützen.
Gerne stelle ich mich bereit, wenn Sie meinen Rat aus der fachlichen Berufspraxis für die Gastronomie benötigen und Verwendung dafür haben.
Ich freue mich, in besseren Zeiten, mit meinen Kollegen der Meistervereinigung wieder
für Sie und das Land Baden-Württemberg das zu leisten was unser Credo ist:
„Meisterliche Gastfreundschaft aus Baden-Württemberg“.
Viele Grüße, bleiben Sie gesund
Ihr
Uwe Staiger
Präsident Meistervereinigung Gastronom e.V.“