Kraut und Rüben oder immer schön der Nase nach
In unserer Herbstausgabe nehmen wir jahreszeitlich passend eine Region im Ländle unter die Lupe, die ein ganz besonderes Spannungsfeld vorzuweisen hat, die Filder. Für den Stuttgarter liegen sie „oben“, für den Autofahrer links und rechts der Autobahn. Dem Genießer liegt sie am Herzen und manchem in der Nase. Denn auf den Fildern wird eine alte Tradition gehegt und gepflegt: das spitzköpfige Filderkraut.
Gerade mal 10 Kilometer und 200 Meter über dem im Talkessel gelegenen Zentrum der Schwabenmetropole erhebt sich die Filderebene. Bekannt für besonders fruchtbare Lössböden ist sie nicht nur bestens für die Landwirtschaft geeignet, sie zählt erwiesenermaßen zu den fruchtbarsten Agrarböden Deutschlands.
Weithin geschätzt sind die Filder für ihr Kraut, nicht zuletzt, weil das Spitzkraut, das unlängst von Slow Food in die Arche des Geschmacks aufgenommen wurde, in Deutschland ausschließlich in dieser Region angebaut wird. Der Schwabenkohl, wie er auch genannt wird, ist ein feinrippiger Weißkohl, dessen Kopf spitz zuläuft und sich im Gegensatz zu anderen Kohlarten eher lockerblättrig zeigt. Durch seine zarte Blattstruktur ist er das ideale Grundprodukt für bestes Sauerkraut. Die Filderbauern behandeln es schon deshalb wie ein Edelprodukt und ernten ausnahmslos von Hand. Kaufen kann man die beliebte Spezialität vor allem bei den Kraut-Bauern direkt, ob als ganzer Kopf, gehobelt oder als fertiges Sauerkraut. Das tun auch unsere Meisterkollegen, die das inzwischen wieder äußerst beliebte Gemüse im ganzen Land ideenreich in ihre Kreationen einbauen. Man findet es heute in vielfältiger Begleitung, zu Pulled Pork ebenso wie zu zarten Zanderfilets.
Dabei ist der Ursprung des Spitzkohls bis heute nicht vollständig geklärt. Man vermutet, dass er seine erste Erwähnung durch den engagierten Bernhäuser Pfarrer Johannes Bischoff im Jahr 1772 fand, geht aber davon aus, dass er um einige Jahrzehnte älter ist.
Auch das Wissen um die eigentliche Züchtung zur spitzen Form liegt im Dunkeln. Der Überlieferung nach sollen es die Mönche des nahe gelegenen Klosters Denkendorf gewesen sein. Und genau hier wollen wir auch mit unserer Reise starten.
Denkendorf wird auch das Tor zur Filder genannt. Die Geschichte des Ortes ist über die Jahrhunderte eng mit der Geschichte des Denkendorfer Klosters verbunden. Es wurde bereits vor dem Jahr 1129 urkundlich erwähnt, als Papst Honorius II. das vom Grafen Berthold gestiftete Kloster unter seinen Schutz nahm. Das bis heute erhaltene Kernstück ist die Krypta, in der die alten, gottesdienstlichen Sitten des Jerusalemer Mutterklosters gepflegt wurden. Nach der Reformation wurde das Kloster Denkendorf eine der bedeutendsten evangelischen Klosterschulen in Württemberg. Als berühmtester Schüler gilt der Dichter Friedrich Hölderlin, der von 1784 bis 1786 in Denkendorf unterrichtet wurde. Am Fuße des Denkendorfer Klosters wurden die denkmalgeschützte Kelter und die frühere Zehntscheuer durch umfangreiche Sanierungen dauerhaft erhalten. Die ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Klosters gelten als bauhistorisch wertvolles Gebäudeensemble und auch der mit Quellwasser befüllte Klostersee hat auf den Besucher eine mehr als einladende Wirkung. Um ihn herum verläuft ein Rundweg mit idyllischer Promenade und romantischen Sitzmöglichkeiten. Für die Region typisch sind auch die neuangelegten Gärten, die an die alten Bauerngärten der Region erinnern.
Man kann die Filder mit dem Auto oder mit dem Fahrrad erkunden. Es gibt ausgewiesene Radwege und Radtouren so weit das Auge reicht. Die Region bietet darüber hinaus eine unendliche Vielfalt an höchst zuverlässigen und engagierten selbstvermarktenden Landwirten, die saisonal selbstverständlich alle Filderkraut im Angebot haben – und das mitten in einer der größten Metropolregionen Deutschland. Hier gibt es frisches, regional gewachsenes Obst und Gemüse, regionalen Käse, Brot und häufig auch selbst gemachte Marmeladen und Eingemachtes, meist in bester Bio-Qualität – ein Einkaufserlebnis der ganz anderen Art. Danach kehrt man einfach ein, weil auch die Dichte der guten schwäbischen Wirtshäuser wirklich erwähnenswert ist. Unser erster kulinarischer Stopp führt uns ins Restaurant Hahnen nach Sielmingen, einen Ortsteil von Filderstadt. Hier lässt es sich in historischer Umgebung zeitgemäß, ungezwungen und mit Spaß genießen. „Durch und durch regional, bodenständig schwäbisch“, so die Devise von Meister und Küchenchef Joachim Pollak. Ob heimisches Wild, hausgemachte Maultaschen und Kässpätzle, sein besonderes Augenmerk legt Joachim Pollak auf die Saucen, die ihm eine wahre Fan-Gemeinde von Jung bis Alt bescheren. Denn hier im Hahnen, den übrigens auch der Aral Schlemmeratlas als eines der besten Restaurants der Stadt sieht, findet man sie noch, die gute schwäbische Küche, ohne zeitgemäße Neuerungen zu verschlafen. So schaut das Küchenteam gerne mal über den schwäbischen Tellerrand hinaus, kreiert das eine oder andere europäische Gericht und nimmt Rücksicht auf Allergiker, was die heimische Kost perfekt ergänzt. Viel Leidenschaft spürt man im Hahnen zudem bei der Weinauswahl. Neben einer guten Auswahl an heimischen Gewächsen finden sich kleine, feine Weingüter aus ganz Europa auf der Karte, von deren Qualität sich das Hahnen-Team stets selbst vor Ort überzeugt hat.
Wer richtig tiefgründig in das Thema Natur einsteigen möchte, ist auf den Fildern ebenfalls am richtigen Ort und sollte zu diesem Zweck unbedingt eine Stippvisite in Hohenheim einplanen. Bekannt ist Hohenheim vor allem, weil Herzog Carl Eugen von Württemberg hier ganz öffentlich und ohne Umschweife die Liaison zu seiner Favoritin Franziska von Leutrum auslebte. 1776 avancierte Schloss Hohenheim deshalb auch zu seiner Sommerresidenz. Seinen Plan, genau hier ein neues großes Residenzschloss nach Versailler Vorbild zu bauen, konnte der Barockherrscher zwar vollenden, aber selbst nicht mehr darin residieren. Bis zu seinem Tod im Jahr 1793 lebte er mit seiner geliebten „Franzele“, die er 1785 ehelichte, in der provisorischen Wohnung im Mansardengeschoss des heutigen Speisemeistereiflügels. Umgeben von den fruchtbaren Filderflächen und heutzutage eingerahmt von den Stuttgarter Stadtteilen Plieningen und Birkach sind es vor allem die Hohenheimer Gärten, die seit 200 Jahren eine wahre Attraktion sind. Gehegt und gepflegt werden sie heute von der namhaften Agraruniversität Hohenheim, die in Teilen bis heute im Schloss untergebracht ist. Zu entdecken gibt es viele botanische Besonderheiten, ein Spaziergang durch das reizvolle und vielfältige Gartenensemble lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Die Hohenheimer Gärten sind ganzjährig und ohne Eintrittsgebühr geöffnet. Öffentliche Sonntagsführungen, die einmal monatlich angeboten werden, bieten einen idealen ersten Einstieg.
Von Hohenheim zieht es uns ins benachbarte Leinfelden-Echterdingen. Hier findet jedes Jahr am dritten Oktoberwochenende das größte Happening rund ums Filderkraut statt, das Filderkrautfest. Beim traditionellen Herbsttreff wird der Spitzkrautkopf zum Star. Die Krautköpfe werden gestemmt, geschmückt, in sportlichen Stafetten durch die Straßen getragen und gehobelt, bis der neue Krauthobelweltmeister gekürt ist. Bei Deutschlands größter Krauthocketse genießen und feiern tausende Krautfans in liebevoll dekorierten Lauben und gemütlichen Scheunen. Überall duftet es nach leckeren Filderkraut-Spezialitäten und die Nächte werden zum Tag gemacht. Daher ist es auch empfehlenswert, früh genug nach Übernachtungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.
Wer nicht direkt im Filderkraut-Trubel sein möchte, findet im Hotel Krone im benachbarten Steinenbronn, das gerade mal fünf Kilometer entfernt ist, einen schönen und auch gastronomisch versierten Ort. Das Hotel Krone bietet als 3-Sterne Superior Hotel einen wahrhaft zeitgemäßen Komfort. Hotelzimmer gibt es in verschiedenen Kategorien und alle frisch renoviert. Hier genießt man nicht nur die Ruhe, auch die Nähe zum Siebenmühlental und zum Naturpark Schönbuch machen die Krone zu einem beliebten und naturnahen Ort. Bekannt und beliebt ist die Familie Hornung aufgrund ihrer herzlichen Gastfreundschaft und der extrem feinen Küche, die man in gleich zwei Restaurants genießen kann. Erstklassige regionale Produkte, die Liebe zum Detail und beste Kochkunst haben auch den Guide Michelin dazu motiviert, das Restaurant direkt mit einem Bib Gourmand auszuzeichnen. So weiß der Gast, hier bekomme ich höchste Kochkunst aus Meisterhand zu einem fairen Preis.
Küchenchef Bernd Schlecht, der Mitglied in der Meistervereinigung ist, verwendet ausschließlich Zutaten aus der Region, aus kontrollierter Erzeugung und die teilweise mit dem Qualitätszeichen Baden-Württemberg ausgezeichnet sind. Er verbürgt sich, genauso wie die Inhaber-Familie Hornung, für diesen ehrlichen und vertrauensvollen Regionalgenuss. Der Betrieb ist außerdem Mitglied der Initiative „Schmeck den Süden“. Gesicherte Herkunft, artgerechte Tierhaltung, kurze und schonende Transportwege und sorgfältige Verarbeitung gehören ebenso zum Programm wie die Zusammenarbeit mit Partnern wie „Die Käsmacher“ Weil im Schönbuch oder dem „Landwirtschaftsbetrieb Kizele“ in Echterdingen. Diese traditionelle Baden-Württembergische Gastronomie und Küchenkultur kann man noch etwas bodenständiger im Krönle genießen. Hier sorgt eine wöchentlich neue Speisekarte für Abwechslung, was auch viele Gäste aus der Region in die ansprechenden Restaurants der Krone zieht. Grund genug für uns, der Krone einen Besuch mit unserer Foodbloggerin Kerstin Getto abzustatten.
Unsere Meisterbetriebe auf dieser Winterreise
- HAHNEN FILDERSTADT
Sielminger Hauptstraße 49 | 70794 Filderstadt
Joachim Pollak
Tel: 07158 4654
restaurant@hahnen-filderstadt.de
www.hahnen-filderstadt.de - HOTEL KRONE STEINENBRONN
Stuttgarter Str. 45-47 | 71144 Stuttgart
Ute Hornung-Schiele & Axel Hornung
Tel: 07157 733-0
info@krone-steinenbronn.de
www.krone-steinenbronn.de
Regionale Betriebe
- SAUERKONSERVENFABRIK FRITZ SCHLECHT, FILDERSTADT-BERNHAUSEN
www.filder-spitzbueble.de - BAIERSBACHHOF FAMILIE ALBER, AICHTAL-AICH
www.biolandhof-alber.de - BIOLAND GEMÜSEHOF HÖRZ, FILDERSTADT-BONLANDEN
www.gemuesehofhoerz.de - SEYSER‘S HOFLÄDLE, FILDERSTADT-PLATTENHARDT
www.seysers-hoflaedle.de - BAUER BECK, LEINFELDEN- ECHTERDINGEN
www.bauerbeck.de - GEMÜSE GAISER, NEUHAUSEN AUF DEN FILDERN
www.gaiser-früchte.de - SCHWAIGER, FILDERSTADT-PLATTENHARDT
www.schwaiger.hoffrisch.de
Wertvolle Reisetipps
A | KLOSTER DENKENDORF www.stuttgart-tourist.de/a-kloster-denkendorf |
B | SCHLOSS HOHENHEIM www.stuttgart-tourist.de/a-schloss-hohenheim |
C | LEINFELDEN-ECHTERDINGEN www.leinfelden-echterdingen.de |
BA-WÜ MARKETING www.tourismus-bw.de |
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DENKENDORF www.denkendorf.de |
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FILDERSTADT www.filderstadt.de |
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SIEBENMÜHLENTAL www.siebenmuehlental.de |
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NATURPARK SCHÖNBUCH www.naturpark-schoenbuch.de |
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Universität Hohenheim